Manchmal ist es herausfordernd alles unter einen Hut zu bekommen. Trotz sorgfältiger Planung kann einem das Leben einen Strich durch die Rechnung machen. Zuversicht, Mut, Zutrauen und eine Prise «einfach mal tun» hat schon manche Situation gerettet. Wenn man dann noch eine evolutionäre Methode griffbereit hat, kann ja eigentlich nichts schief gehen.
Der Entscheid zum Experiment
Wir, das sind meine beiden Töchter (7 und 9) und ich, sind am Montag in ein dreitägiges Experiment gestartet. Da meine Kinder wegen Corona eine Woche früher in den Urlaub entlassen wurden, waren wir mit der Situation konfrontiert, dass ich drei Tage online Weiterbildung habe in dieser nun ersten Urlaubswoche. Gemeinsam haben wir uns entschieden die Zeit ohne Fremdbetreuung zu meistern.
Seit Sommer 2021 hat sich Kanban in unserem Familiensystem etabliert. Wer interessiert ist unser Familienkanbansystem kennen zu lernen, findet hier mehr Informationen.
Für uns drei war sofort klar, KANBAN – What else! Unser Familienkanban hat sich in den letzten sechs Monaten bewährt, daher haben wir uns entschieden die drei Tage mit Kanban zu meistern. Da kam die Prise «einfach mal tun» zum Zug.
Das mulmige Gefühl vor dem Experiment
Ich muss zugeben, ich hatte vor den Weiterbildungstagen einen Moment, in welchem ich diesen Entscheid in Frage gestellt habe. Ein etwas ungutes Gefühl hat bei mir die Frage ausgelöst, ob ich mir nicht zu viel Eigenverantwortung von meinen Kindern erhoffe. Kinder sind Kinder. Sie haben nicht immer nur pädagogisch wertvolle Momente und kooperatives Geschick. Des Weiteren habe ich mich ebenfalls gefragt, ob ich es schaffe, mich auf die Weiterbildung zu konzentrieren und komplett auf meine Kinder zu vertrauen und ihnen zu zutrauen die Tage nach meinem Empfinden sinnstiftend zu gestalten.
Unser Kanban-board, welches im täglichen Einsatz ist, haben wir kurzerhand mit neuen Zetteln versehen, den ersten Tag gestaltet und Regeln explizit gemacht. Eine TZI (themenzentrierte Interaktion) zur Situation durfte natürlich auch nicht fehlen, da wir in unserem System grossen Wert auf den gruppendynamischen Raum legen.
der überraschende erste tag
Guten Mutes sind wir in den ersten Weiterbildungstag gestartet. Die einzigen Festzeiten waren durch die Weiterbildungsstruktur vorgegeben. Nebst einer einstündigen Mittagspause hatte ich jeweils auch eine Pause von 20min am Morgen und am Nachmittag. Die restliche Zeit war ich grundsätzlich von meiner Weiterbildung absorbiert.
Bei meinem ersten Gang aus dem Büro war ich positiv überrascht. Die Mädchen haben pflichtbewusst viele Karten des Kanban-boards bereits erledigt und die Stimmung war ausgezeichnet. Das gemeinsame Kochen am Mittag mit einer Runde Fussballspielen im Garten während der Nachmittagspause rundeten den Tag für uns drei ab. Das grosse Erstaunen meinerseits folgte, als ich am Ende des Weiterbildungstages mein Büro verlassen habe und auf das Kanban-board geschaut habe. Da waren ganz viele neue Zettel. Wer jetzt denkt, dass nur Zettel mit Spassfaktor entstanden sind, der täuscht sich. Entstanden sind ebenfalls Zettel, bei welchen die beiden Mädchen Verantwortung für uns, sich selbst und unseren Alltag übernommen haben. So stand da beispielsweise auch «Badezimmerwaschbecken putzen», «Tisch abräumen» oder «Zeit für sich nehmen».
Die erste Retrospektive
Sehr zufrieden haben wir den Tag in der Retro betrachtet. Man könnte jetzt denken, dass das grundsätzlich vorauszusehen war, da es der erste Tag ist. Dieser Gedanke ist mir ebenfalls durch den Kopf gegangen. In neugieriger Voraussicht war ich auf die nächsten zwei Tage gespannt.
der entspannte zweite tag
Am zweiten Arbeitstag lief alles wie am Schnürchen. Die Struktur und das Vorgehen waren bereits bekannt. Fragen gab es keine und so haben wir einen wundervollen Tag verbracht. Ich konnte mich vollkommen auf die Weiterbildung konzentrieren und die Mädchen hatten bei ihren vielseitigen Karten viel Spass.
Wenn auch der letzte Tag rockt, dann war es die richtige Entscheidung!
Auf den dritten Tag war ich sehr gespannt. Den Reiz des «Neuen» hat diese Form zu arbeiten unterdessen verloren. Zum Start der Weiterbildung waren die Mädchen noch am Schlafen. Kurz nach Beginn kam langsam Bewegung ins Geschehen. Die Mädchen sind aufgestanden und haben zuerst gemeinsam gefrühstückt. Nach dem Anziehen haben sie begonnen die Aufgaben vom Kanban-board in Angriff zu nehmen. Nach einer entspannten gemeinsamen Morgenpause hat sich mein Büro dann zum Co-Working-Space entwickelt. Während ich meiner Weiterbildung gefolgt bin, haben die Mädchen gerechnet, gelesen, gebastelt und Knobelspiele gemacht. Das Ganze fand in einer Art und Weise statt, dass wir alle unseren Tätigkeiten folgen konnten.
Fazit des Experimentes
Was will man mehr? Kanban unterstütze uns in dieser herausfordernden Situation. Alle wussten nach welchen Praktiken und Prinzipien gearbeitet wird und das Wichtigste, wir hatten jede Menge Spass. Kanban – What else!